Grußwort der Festivalleitung
Seit seiner Gründung 1989 sieht sich das FILMFEST DRESDEN als politisches Festival. Ursprünglich gegründet, um in der DDR verbotene Filme zu zeigen, entwickelte es sich in den darauffolgenden Dekaden zu einem der bedeutendsten internationalen Kurzfilmfestivals. Doch mit wachsender Bedeutung wächst auch die Verantwortung. Als Festival können wir nicht nur gefallen. Wir müssen aufrütteln, diskutieren, anecken.
Als wir uns vor geraumer Zeit dazu entschieden haben, uns in diesem Jahr dem Thema Utopie zu widmen, konnte niemand ahnen, wie antagonistisch dies einige Monate später erscheinen könnte – wollten wir doch nach den vergangenen Jahrgängen optimistisch in die Zukunft blicken und ein bisschen träumen. Doch die Realität scheint uns eines Besseren belehren zu wollen. Nach einer weltweiten Pandemie und Russlands Überfall auf die Ukraine folgen Inflation, zunehmender Rechtsruck und Radikalisierung, der Krieg in Nahost – es scheint wenig Raum für Träume und Optimismus zu geben.
„Alles wird gut“ – so der Untertitel unseres Schwerpunkts und vielleicht auch das Mantra der diesjährigen Festivalvorbereitungen. Ein vermeintlich naiver Satz in Anbetracht der aktuellen Weltlage. Oder ist vielleicht gerade das Festhalten an Utopien, an einer besseren Welt, auch eine Art des Widerstands?
Unser Programm wird nicht nur utopisch schön. Was Utopie für die einen ist, mag für andere dystopische Züge haben. Dies spiegelt sich auch in unseren Programmen wider, von Künstlicher Intelligenz bis hin zur Suche nach Heimat und Familie. Über allem steht die Frage: Wie wollen wir zusammenleben? Und wie können wir dieses Ziel erreichen?
Die Auswirkungen von Strike Germany – dem Aufruf zum Streik internationaler Kulturschaffender gegenüber deutschen Kultureinrichtungen als Antwort auf die Politik Deutschlands in Nahost – spüren auch wir: widerrufene Filme, abgelehnte Honorare und viele kritische Gespräche mit internationalen Kulturschaffenden. Wir haben uns entschieden, zurückgezogene Filme nicht zu ersetzen, sondern dies auf unserer Webseite in Absprache mit den Filmschaffenden kenntlich zu machen.
Filmfestivals wird eine neue Rolle zugeschrieben, der auch wir uns stellen. Wir betrachten uns an erster Stelle als Podium der Filmkunst, als Forum für politischen Diskurs sowie interkulturellen Austausch und möchten dies auch im Rahmen des kommenden Festivals fortsetzen. Zum 36. Festivaljahrgang bringen wir 370 Kurzfilme in 183 Veranstaltungen zur Aufführung, um gemeinsam mit unserem Publikum und allen Filmschaffenden die Filmkunst zu feiern und zu würdigen. Natürlich finden sich darunter zahlreiche Arbeiten, welche die Themen, die uns bewegen, auf direkte und indirekte Weise aufgreifen. Wir laden mit unserem vielfältigen Programm zum konstruktiven Austausch und zur Reflexion ein.
Wir werden uns in verschiedenen Gesprächsrunden mit der Frage beschäftigen, welche Rolle wir als Festival in einem kontroversen, gesamtgesellschaftlichen Diskurs einnehmen müssen. Sind „safe spaces“ nur eine Utopie, die niemals erreicht werden kann, oder können wir gemeinsam daran arbeiten, sie zu verwirklichen und offene „community spaces“ zu gewährleisten?
Klar ist: Wir lehnen jegliche Form von Krieg und Vertreibung ab. Wir verurteilen Fremdenhass, Terror, Islamfeindlichkeit und Antisemitismus. Unsere Solidarität gilt den Opfern. Das Töten muss enden.
Allen Gästen wünschen wir einen ermutigenden Festivaljahrgang 2024.
Anne Gaschütz und Sylke Gottlebe
Grußwort der Staatsministerin Claudia Roth MdB
„Ich kenne das Leben, ich bin im Kino gewesen“, behauptet die Band Fehlfarben. Filme zeigen aber nicht nur Leben und Gesellschaft, wie sie sind, sondern auch, wie sie sein könnten, wie sie sein dürfen und wie sie nicht sein sollten. Das FILMFEST DRESDEN will seine Besucherinnen und Besucher mit dem Schwerpunkt „Utopien“ in diesem Jahr zum Denken einladen und zum Träumen. Über eine bessere, gerechtere und nachhaltigere Welt, über die Krisen unserer Gegenwart, über die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten – und über einen gerechten und dauerhaften Frieden. Wie bekämpfen wir Armut und Hunger? Wie überwinden wir Autokratien und Diktaturen?
Die Kunst gibt meist keine einfachen und eindeutigen Antworten. Doch Kurzfilme zeigen uns das Wesentliche eines Moments, sie sezieren Konflikte, vergegenwärtigen unsere Fragen. Sie sind Denkanstöße. Und die brauchen wir, um den Herausforderungen begegnen zu können, vor denen wir stehen. Kaum eine andere Kunstform, kein anderes Filmformat verdichtet die Gegenwart so sehr wie der Kurzfilm. Er kann uns die Augen öffnen für Standpunkte und Perspektiven. Er kann uns miteinander ins Gespräch bringen. In dieser Tradition steht das FILMFEST DRESDEN. Die mehr als 3.000 Einsendungen und über 20.000 regelmäßigen Besucherinnen und Besucher des Filmfests beweisen es.
Ich danke allen Beteiligten und dem Team um Sylke Gottlebe und Anne Gaschütz für
die wertvolle Arbeit, die auch in diesem Jahr wieder ein spannendes und inspirierendes Filmfest verspricht.
Claudia Roth MdB
Staatsministerin für Kultur und Medien
Grußwort der Sächsischen Staatsministerin für Kultur und Tourismus Barbara Klepsch
Liebe Kurzfilmbegeisterte,
das FILMFEST DRESDEN hat sich in den vergangenen mehr als 30 Jahren zu einem der führenden internationalen Kurzfilmfestivals entwickelt. Das freut mich sowohl aus der Sicht der Kultur als auch aus meiner Perspektive als Ministerin für Tourismus.
Die Rekordzahlen der diesjährigen Filmeinreichungen zeigen deutlich, welchen Stellenwert das Festival bei den Kurzfilmschaffenden hat. Das Genre Kurzfilm ist ein bedeutendes Experimentierfeld, was Künstlern die fast grenzenlose Umsetzung ihrer Kreativität sowohl inhaltlich als auch formal ermöglicht. Das FILMFEST DRESDEN bietet den Filmschaffenden eine wichtige Plattform, ihre Werke auch vor Publikum zeigen zu können, denn die Reaktion des Publikums ist das Wichtigste für den Künstler.
Das Filmfest ist auch ein Ort des Austausches zwischen Filmschaffenden und Filminteressierten. Es ist ein Ort des Zusammenkommens und auch stets des kritischen Hinterfragens aktueller gesellschaftlicher und politischer Entwicklungen. Die diesjährigen Sonderprogramme mit dem Motto „Utopie“ lassen auch ein bisschen Optimismus und Leichtigkeit im Filmprogramm vermuten – gebrauchen könnten wir dies in der heutigen Zeit manchmal sehr.
Mit dem Wissen um die Bedeutung von Preisen für Filmschaffende, besonders auch in der Kurzfilmbranche, freue ich mich besonders, dass mein Haus bereits seit über 20 Jahren den Sächsischen Filmförderpreis stiftet und somit manchem Künstler den Weg in der Branche erleichtert und das nächste Projekt ermöglicht hat.
Als Schirmherrin des 36. FILMFEST DRESDEN möchte ich Sie ermuntern, die einzigartige Gelegenheit zu nutzen, in die Kurzfilmwelt einzutauchen und spannende, unterhaltsame und nachdenkliche Filmbeiträge zu entdecken.
Dem gesamten Team des Filmfests einen herzlichen Dank für das jährliche Engagement, ein großartiges Ereignis nicht nur im sächsischen Kulturkalender zu schaffen.
Ihre Barbara Klepsch
Sächsische Staatsministerin für Kultur und Tourismus
Grußwort von Oberbürgermeister Dirk Hilbert
Auf nach Utopia
Liebes Publikum, geschätzte Filmfreundinnen und Filmfreunde,
ist das nicht ein herrliches Gefühl – Festivalatmosphäre liegt in der Luft, man hat im Sessel Platz genommen, das Licht geht aus, der Vorhang öffnet sich, die Leinwand wird zur Bühne. Dieses Gefühl können Sie nun endlich wieder reichlich genießen. Das ist keine Utopie, denn das FILMFEST DRESDEN startet in seinen 36. Jahrgang.
In diesem Jahr stehen die Kurzfilmreihen unter der thematischen Klammer „Dreaming Utopia“. Die Filmemacherinnen und -macher gehen in ihren Beiträgen der Frage nach, wie der Mensch in Zukunft leben möchte. Ein Sonderprogramm befasst sich beispielsweise mit baulichen Utopien und realisierten Architekturvisionen. Mit der Gestaltung einer besseren und gerechteren Zukunft befasst sich ein anderes Programm zum Fokusthema.
Dass sich die Festivalorganisation selbst zu Utopien hinreißen lässt und diese schließlich in die Tat umsetzt, ist für Dresden ein großer Gewinn. Stets fand das Team neue Wege, um auf das Publikum zuzugehen. Es erschloss sich einen Ort für Open Airs und baute schrittweise sein Programm in Stadtteilen aus. In diesem Jahr stellen sich die Geh8 und die Ostrale.Basis in Pieschen als neue Festivalstätten vor. So sind die Kurzfilme inzwischen an insgesamt 16 Veranstaltungsorten – nicht nur in Kinos – zu sehen.
Ich danke den Verantwortlichen und allen Unterstützenden dafür, das Festival immer wieder neu zu denken. Aber auch dafür, unfassbare 3.200 Einreichungen aus 104 Ländern zu sichten und daraus ein attraktives Programm auszuwählen. Respekt.
Und wie sieht Ihr Utopia aus, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer? Nehmen Sie Platz und lassen Sie sich zum Nachdenken darüber anregen! Und vielleicht müssen Sie dafür auch gar nicht so weit in die Ferne schweifen. Schon der Dresdner Maler Ludwig Thieck erkannte: „Das wunderbare Utopien liegt oft direkt vor unseren Füßen, aber wir sehen mit unsern Teleskopen darüber hinweg.“ In diesem Sinne: Film ab!
Dirk Hilbert
Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Dresden