2007 Parlez-vous québécois?

Empfang zum ersten Fokus Québec

Lieben, leben, betrügen (Spielfilmprogramm)

Ein Jahrhundert aufregender Animationen (Animationsprogramm)

Québec ist zu Gast beim Filmfest Dresden. Die große Mehrheit der Bevölkerung dort spricht Französisch. Die größte Provinz Kanadas ist auch die einzige mit Französisch als alleiniger Amtssprache. Québec verfügt über eine äußerst lebendige Filmlandschaft, und jedes Jahr wird dort eine Vielzahl von Filmen produziert, von Kurzfilmen über Dokumentarfilmen bis zu Langspielfilmen.Das Kino Québecs hat in den letzten Jahren mit großen Erfolgen weltweit beim Publikum und bei Kritikern Aufmerksamkeit gefunden. Erwähnt seien hier nur Denys Arcands Oscar-prämierter Film „Die Invasion der Barbaren“ (2003) oder Jean-Marc Vallées „C.R.A.Z.Y. – Verrücktes Leben“ (2005). In zwei Kurzfilmprogrammen, einmal Spielfilm und einmal Animation, kann das Publikum auf dem 19. Filmfest Dresden die Vielschichtigkeit und Originalität der frankophonen und algophonen Kultur Québecs entdecken.

Im Spielfilmprogramm „Parlez-vous québécois: lieben, leben und betrügen“ geht es um das Glück und das Leid in der Liebe, das Leben und seine Herausforderungen und das Betrügen und Betrogen werden. Wer betrügt wen, ist die Frage in „The Rip-Off“ von Kun Chang. Im Film „Les derniers jours“ von Simon Olivier Fecteau versucht ein älterer Herr, die Dinge, die er bisher verpasst hatte zu tun, noch zu verwirklichen. Die Liebe eines alten Mannes zu seiner bereits verstorbenen Frau wird auf einfühlsame Weise in „Les eaux mortes“ von Guy Édoin erzählt.

Das Animationsprogramm „Parlez-vous québécois: Ein Jahrhundert aufregende Animation“ entstand in Zusammenarbeit mit dem in der Québecer Metropole Montréal ansässigen kanadischen Filminstitut ONF (Office National du Film) und spiegelt die Tradition des Animationsfilms in Québec wider. Das Programm bietet unter anderem die Gelegenheit, das Werk von Norman McLaren zu entdecken. Sein Film "Caprice en coleurs", der 1950 den Canadian Film Award erhielt, ist ebenso vertreten wie der 1980 mit einem Oscar ausgezeichnete Animationsfilm "Chaque enfant" von Eugene Fedorenke.Gezeigt wird auch der Film "Ame noir" von Martine Chartrand, die mit einer Vielzahl von Preisen geehrt wurde, nicht zuletzt mit dem Goldenen Bären im Jahr 2001.

Québec ist in diesem Frühjahr nicht nur auf der Leinwand in Dresden präsent. In Zusammenarbeit mit der Québecer Gesellschaft zur Entwicklung der Unternehmen der Kulturwirtschaft (SODEC - Société de développement des entreprises culturelles), der Vertretung der Regierung von Québec in Deutschland und der Mitteldeutschen Medienförderung (MDM) findet dieses Jahr ein Austausch zwischen jungen Produzenten aus Québec und Mitteldeutschland statt. Startschuss für diese Kooperation war der Besuch des Québecer Premierministers Jean Charest im Sommer letzten Jahres in Dresden. Damals unterzeichneten das Filmfest Dresden und die SODEC eine Absichtserklärung zur Zusammenarbeit. Diese hat unter anderem das Ziel, junge Filmemacher aus Québec und Mitteldeutschland zur Zusammenarbeit zu ermutigen. Parallel zum Filmfest wird folglich ein Programm für jungen Produzenten aus Québec organisiert, um sie sich mit Produktionsbedingungen und Fördermöglichkeiten in Mitteldeutschland vertraut zu machen. In einer zweiten Etappe sollen im Herbst junge Produzenten aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen nach Québec reisen.

Erwähnt sei ebenfalls, dass der Leiter des Filmfestivals von Abitibi-Témiscamingue (Québec), Jacques Matte, nach Dresden kommt, um mit Blick auf die nächste Ausgabe seines Festivals im November 2007, Filmemacher aus Sachsen und anderen Teilen Deutschlands kennenzulernen.

Wir freuen uns über die erste Etappe dieser Zusammenarbeit und über die Entdeckungen im abwechslungsreichen Filmprogramm "Parlez-vous québécois?".

Bon cinéma!

Nadia Peter

Die Filme

Lieben, leben, betrügen (Spielfilmprogramm)

APRÈS TOUT (AFTER ALL), Alexis Fortier-Gauthier (Fiktion, Kanada 2006)

Es ist spät. Claire hat zuviel getrunken. Philippe fehtli iht. Sie beschließt, zu ihm zu gehen. Ein Fehler- aber da muss sie nun durch.

LES DERNIERS JOURS (THE LAST DAYS), Simon Olivier Fecteau (Fiktion, Kanada 2004)

Ein alter Mann und alles, was er in seinem Leben erreichen wollte.

LES EAUX MORTES (CALM WATERS), Guy Édoin (Fiktion, Kanada 2006)

Ein alter Mann versucht, mit dem Tod seiner Frau zurechtzukommen.

SUR LA LIGNE (AT THE BORDER), Frédéric Desager (Fiktion, Kanada 2006)

Ein Missverständnis zwischen französischen Touristen und jungen Ureinwohnern am rande eines Indianerreservats läuft nach dem Eintreffen von zwei Polizisten aus dem Ruder.

THE FIRST DAY OF MY LIFE, David Uloth (Fiktion, Kanada 2005)

Die 11-jährige Kate versteht ihre große Schwester Laura nicht mehr. Warum kommt sie heute morgen nicht mit ihr zur Schule? Warum hat sie in einer armseligen Pension ein Zimmer gemietet?

THE RIP-OFF, Kun Chang (Fiktion, Kanada 2006)

In einem kleinen Fotogeschäft ist nicht alles so, wie es scheint. Es gibt das, was man sieht und das, was man gesehen haben sollte. THE RIP-OFF ist ein- und dieselbe Geschichte, zweimal aus verschiedenen Blickwinkeln erzählt. Mit Hilfe des weltbekannten Entertainers Apollo Robbins stellt der preisgekrönte Regiesseur Kun Chang in diesem Spielfilmdebüt alles auf den Kopf.

SOUVIENS TOI DE M'AIMER (REMEMBER TO LOVE ME), Bertrand Weissgerber (Fiktion, Kanada 2006)

Die Liebe und ihre schmutzigen Spiele. Der Gegenentwurf eines Lebens, das seinem hartnäckigen Schicksal widersteht.

 

Ein Jahrhundert aufregender Animationen (Animationsprogramm)

CAPRICE EN COULEURS (BEGONE DULL CARE), Norman McLaren (Animation, Kanada 1949)

Fließende Linien und Farben interpretieren Jazz, der vom Oscar Peterson Trio gespielt wird. Die Künstler Evelyn Lambert und Norman McLaren, die vom National Film Board unterstützt werden, malen direkt auf dem Film und verschaffen der musik damit eine erstaunlich visuelle Entsprechung.

LA FAIM (HUNGER), Peter Foldès (Animation, Kanada 1974)

Animierte Filmsatire über Genuss-Sucht in einer Welt, in der Hunger herrscht. Die Überblendungen schneller, immer neuer am Computer hergestellter Bilder schaffen einen herben Kontrast zwischen Überfluss und Mangel. Ein Mann isst, zunächst sparsam, dann mit zunehmendem Appetit, der sich in Gefräßigkeit und Gier verwandelt und der Befriedigung all seiner Bedürfnisse dient. Der Alptraum, der ihn schließlich plagt, ist der, der unsere ungleiche Welt bedroht.

HISTOIRE DE PERLES (BEAD GAME), Ishu Patel (Animation, Kanada 1977)

Eine faszinierende und ungewöhnliche animierte Etüde, in der Tausende Perlen bewegt werden und die Form von mythischen und realen Figuren annehmen. Sie verschmelzen und verschlingen einander, lösen sich ineinander in Farbexplosionen auf. Es geht um Aggression und Unausweichlichkeit, doch der Zuschauer mag seine eigenen Schlüsse ziehen.

PAYSAGIST (MINDSCAPE), Jaques Drouin (Animation, Kanada 1976)

Ein Künstler betritt sein eigenes Gemälde und spaziert in einer Landschaft umher, die von Symbolen bevölkert wird, die unerwartete Assoziationen auslösen.

LE CHAT COLLA... (THE CAT CAME BACK), Cordell Barker (Animation, Kanada 1988)

Diese hochkomische Kurzanimation, die auf dem gleichnamigen, jahrhundertealten Volkslied basiert, gewann 1988 beim World Festival of Animation in Zagreb den Spezialpreis der Jury für Witz und Musik.

CHAQUE ENFANT (EVERY CHILD), Eugene Fedorenko (Animation, Kanada 1979)

Dieser sechsminütige Abschnitt behandelt einen der 10 Artikel der Erklärung, nach dem jedes Kind das Recht auf einen Namen und eine Nationalität hat. Ein Baby landet auf geheimnisvolle Weise vor der Tür eines vielbeschäftigten Managers und wandert daraufhin in der Straße von Haus zu Haus. Keiner in der Nachbarschaft will sich um das namenlose Baby kümmern.

BALABLOK, Bretislav Pojar (Animation, Kanada 1972)

Eine animierte Version der menschlichen Komödie, deren Sichtweise genauso amüsant ist, wie die Art und Weise, in der karikatiert wird, dass der Mensch im Zweifelsfall eher zur Gewalt als zur Vernuft neigt. Die Kampfzone ist auf die einfachsten Bestandteile reduziert: Würfel und Kugel stellen die Antagonisten dar. Die Ursache ihres Konfliktes und das, was nach der Schlacht geschieht, ist eine Parodie auf die menschliche Natur.

THE METAMORPHOSIS OF MR. SAMSA, Caroline Leaf (Animation, Kanada 1977)

Eine Verfilmung von Franz Kafkas "Die Verwandlung", die die Geschichte als Sandanimation auf Glas erzählt. Eine einfallsreiche Tonebene empfindet im Zusammenspiel mit der innovativen künsterischen Technik die kafkaeske Welt aus Entfremdung und Schuld nach.

AME NOIRE (BLACK SOUL), Matrine Chartrand (Animation, Kanada 2000)

BLACK SOUL ist eine berauschende Reise in das Herz der schwarzen Kultur, auf der man wie ein Wirbelwind von einem Schlüsselmoment schwarzer Geschichte zum nächsten springt. Eine alte Dame möchte ihrem Enkel seine Herkunft erklären, und von da an entsteht vor dem Auge der Animationskamera eine ganze Reihe sich stets vferändernder Bilder. In einem hypnotischen Strudel aus Licht und Farbe verfolgt der Junge seine Vorfahren zurück zu mächtigen Pharaonen und tapferen Königen, deren Loblied der Griot unter dem Baobab singt. Plötzlich beschwört der Trommelschlag den Sklavenmarkt und das weit verstreute Exil herauf. Schließlich begibt sich der Junge zum Rhythmus von Gospel und Jazz von der üppigen wuchernden Karibik in den Schnee des amerikanischen Kontinents.

TOWER BAWHER, Theodore Ushev (Animation, Kanada 2004)

Ushevs TOWER BAWHER feiert das künstlerische Genie der Konstruktivisten und ist gleichzeitig ein bissiger Kommentar zum Thema Kunst im Dienst der Ideologie.