28 FILMFEST DRESDEN: Tribut an Jürgen Böttcher, alias Strawalde


Barfuß und ohne Hut, Jürgen Böttcher, DDR, 1965 (c) DEFA-Stiftung, Christian Lehmann, 2016
  1. FILMFEST DRESDEN ehrt Jürgen Böttcher
  • Tribut-Programm zum 85. Geburtstag des bedeutenden DEFA-Dokumentaristen und Malers
  • Abendveranstaltung am 14. April im Lichthof des Albertinum: Filmvorführung, Gespräche mit dem Künstler, Ausstellung
  • Programmschwerpunkt Fotoanimation greift Verwandlungsreihe auf

Dresden, 10.03.2016 – Zu seinem 85. Geburtstag würdigt das FILMFEST DRESDEN den Filmemacher und Maler Jürgen Böttcher alias Strawalde in einem der drei diesjährigen Programmschwerpunkte. Zwei Tribut-Programme zeigen acht seiner wichtigsten Kurzfilme, die sein künstlerisches Schaffen über drei Jahrzehnte hinweg dokumentieren. Die Programmpremiere findet in Kooperation mit den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und der DEFA-Stiftung am Donnerstag, den 14. April 2016 um 19:00 Uhr im Lichthof des Albertinum statt. Nach der Filmvorführung gibt es ein moderiertes Gespräch mit Jürgen Böttcher. Der Eintritt zur Abendveranstaltung ist frei.

Zudem widmet das Albertinum dem Künstler und Filmemacher Jürgen Böttcher alias Strawalde sowie den Protagonisten seines Dokumentationsfilms „Drei von vielen“ ab dem 22. März eine kleine temporäre Ausstellung. Unter dem Titel „Fünf von vielen: Peter Graf, Peter Herrmann, Peter Makolies, A. R. Penck und Strawalde – Junge Dresdner Kunst vor 50 Jahren“ werden neben Jürgen Böttchers eigenen Arbeiten auch Gemälde und Skulpturen seiner Weggefährten gezeigt. Alle Besucher der Programmpremiere können die Ausstellung am 14. April exklusiv von 18 bis 19 Uhr kostenfrei besichtigen.
„Schon lange haben wir geplant, Filme von Jürgen Böttcher zusammen mit seinen Gemälden im Albertinum zu präsentieren“, so Hilke Wagner, Direktorin des Albertinum der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. „Anlässlich des 85. Geburtstages des Künstlers liegen die Filme nun erstmals in einer digital bearbeiteten Fassung vor. Sehr gerne haben wir die Initiative des FILMFEST DRESDEN aufgegriffen, vier Dokumentarfilme in unserem Haus zu zeigen. Wir freuen uns, ergänzend dazu, dieser so bedeutenden Künstlergeneration um Jürgen Böttcher alias Strawalde eine temporäre Ausstellung widmen zu können.“

Gefördert wird das Tribut-Programm von der DEFA-Stiftung, die gemeinsam mit der Münchner „edition filmmuseum“ im Frühsommer auch drei aufwändig gestaltete Doppel-DVDs zum Lebenswerk des Künstlers herausbringt.

Die Verwandlungsreihe ist außerdem ein Thema der Tagung zur Fotoanimation am Donnerstag, den 14. April 2016. Referent Thomas Tode spricht zu einem fach- und kunstinteressierten Publikum über „I have seen the future. Zu den Postkartenübermalungsfilmen von Jürgen Böttcher“. Begleitend dazu läuft die „Venus von Giorgione“ (DDR 1981) in der Filmreihe Fotoanimation „Assemblage“.
„Jürgen Böttcher gehört zu den herausragenden Filmemachern der DEFA. Seine Filme sind bis heute wegweisend. Auch das FILMFEST DRESDEN hat seine Arbeiten seit Anbeginn des Festivals immer wieder in den unterschiedlichsten Kontexten gezeigt“, so Alexandra Schmidt, eine der Festivalleiterinnen des FILMFEST DRESDEN. „Wir freuen uns deshalb sehr, dass wir Jürgen Böttcher in diesem Jahr eine eigene Veranstaltungsreihe widmen können und nicht nur seinem Schaffen als Regisseur, sondern auch seiner Bedeutung als Künstler Tribut zollen.“

Künstler mit seltener Doppelbegabung
Jürgen Böttcher, der sich als Maler Strawalde, nach dem Ort seiner Kindheit und Jugend nennt, war als Filmemacher wegweisend. Als Regisseur suchte er nach dem Besonderen im Alltäglichen. In seinen Filmen sucht Böttcher in alltäglichen Gesten und Zeichen die Schönheit und den Sinn des Lebens. Und all das ohne seine Zuschauer zu bevormunden. Als Maler zeigt er in vielen seiner oft großformatigen Bilder und Grafiken, rauschhaften Farbcollagen und abstrakten Stillleben sein Bekenntnis zur Avantgarde.
Für sein filmisches Schaffen erhielt Böttcher neben zahlreichen internationalen und nationalen Auszeichnungen 1992 das „Filmband“ in Gold für sein Lebenswerk. Kurz vorher hat er für seinen Film DIE MAUER (1991) den „Felix“, den Europäischen Filmpreis, für den besten Dokumentarfilm Europas erhalten. 2001 wird Böttcher mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Auch das malerische Schaffen wird geehrt: Auf den Darmstädter Kunstpreis (1992) folgen 1997 der Kunstpreis der Stadt Dresden und 1998 der Kunstpreis des Sprengel-Museums Hannover.

Tribut-Programme zu Jürgen Böttcher
Das FILMFEST DRESDEN stellt acht Filme des Künstlers in zwei Tribut-Programmen vor. Mehrere seiner Filme wurden aufgrund der restriktiven DDR-Kulturpolitik verboten und so für Jahrzehnte der Öffentlichkeit entzogen.

Tribut-Programm 1
Im Tribut-Programm 1 laufen folgende Filme: „Drei von vielen“ (1961), „Ofenbauer“ (1962), „Verwandlungen, Teil 3: Frau am Klavichord“ (1981) sowie „Kurzer Besuch bei Herrmann Glöckner“ (1985).
Gezeigt wird das Tribut-Programm 1 zur Programmpremiere am Donnerstag, den 14. April, um 19 Uhr im Lichthof des Albertinum. Wiederholt wird die Vorführung am Samstag, den 16. April, um 14:30 Uhr in der Schauburg.

Tribut Programm 2
Im Tribut-Programm 2 laufen folgende Filme: „Barfuß und ohne Hut“ (1965), „Tierparkfilm“ (1968), „Wäscherinnen“ (1972) sowie „Rangierer“ (1984).
Die Erstaufführung des 2. Tribut-Programms findet am Freitag, den 15. April, um 19 Uhr im Programmkino Ost statt. Die Wiederholung erfolgt am Sonntag, den 17. April, um 16:30 Uhr in der Schauburg.

Jürgen Böttcher – Biografischer Abriss
Geboren 1931 als Jürgen Traugott Hans Böttcher, geprägt von der Zeit des Zweiten Weltkrieges, interessiert er sich schon früh für Kunst. Mit 18 Jahren schreibt sich Strawalde an der Dresdner Hochschule für Bildende Künste ein und absolviert ein Studium der Malerei. 1953 arbeitet er für zwei Jahre als freier Künstler in Dresden sowie als Dozent der dortigen Volkshochschule. 1955 nimmt Böttcher ein weiteres Studium an der Filmhochschule Babelsberg auf, dass er 1960 erfolgreich abschließt. Er wird Regisseur am DEFA Studio für Dokumentarfilme in Berlin. Zu seinen frühen filmischen Werken zählen “Drei von vielen" (1961) und „Barfuß und ohne Hut“ (1964). Ersterer ist das Porträt dreier befreundeter Künstler, die ein individuelles Leben führen, sich für Malerei interessieren und so gar nicht dem parteilich gewünschten Arbeiter-Bild der DDR entsprechen. Deswegen wird dieser Film verboten, ebenso wie "Jahrgang 45" (1966), der bereits in der Rohschnittphase unterbrochen wird. In der DDR der Siebziger- und Achtzigerjahre war Jürgen Böttcher der mit Abstand bekannteste Dokumentarfilm-Regisseur und galt als heimliches Vorbild vieler ostdeutscher Filmemacher. Er gewann unter anderem einen Preis auf dem Leipziger Dokumentarfilmfestival mit der Industriedokumentation „Ofenbauer“ (1962) und einem Film über Arbeiterinnen einer Glühbirnenfabrik „Stars“ (1963). Bis zum Ende der DDR pendelte Böttchers Karriere zwischen Verbot und Anerkennung. Nach der Wiedervereinigung widmet er sich fast ausschließlich der Malerei, wird Mitglied der Berliner Akademie der Künste und ist in zahlreichen Ausstellungen vertreten.
Jürgen Böttcher alias Strawalde lebt und arbeitet in Berlin.

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