Ausblick auf das 31. FILMFEST DRESDEN: Transformation und Umbruch in den Sonderprogrammen


Schwerpunkt Kuba // Invektivität im Kurzfilm // Tribut Derek Jarman // Retrospektive Christian Borchert

Bis die 31. Ausgabe des Filmfest Dresden vom 9. bis 14. April 2019 filmbegeisterte Zuschauer*innen und interessiertes Fachpublikum in die sächsische Hauptstadt lockt, liegt vor den Mitgliedern der Auswahlkommissionen noch ein gutes Stück Arbeit: Nach Sichtung der über 2.200 eingereichten Filme aus 102 Produktionsländern treffen
sie ihre Auswahl und stellen daraus den Internationalen und Nationalen Wettbewerb zusammen, in denen Preisgelder im Gesamtwert von 67.000 Euro vergeben werden. Das finale Programm wird am 5. März im Rahmen der Pressekonferenz vorgestellt.

Einen Ausblick gibt das Filmfest Dresden bereits jetzt mit einigen Sonderprogrammen bekannt, die neben den Wettbewerben die Festivalwoche mit einem umfangreichen Angebot an Themen- und Länderschwerpunkten, Retrospektiven sowie Jugend- und Kinderfilmen ergänzen. Thematisch stehen hier in diesem Jahr diverse Reihen im Zeichen des Umbruchs, was sich visuell im Festivalmotiv widerspiegelt.

„So wie das Leben des Nachtfalters in unserem Motiv, sind auch viele Werke in unserem Programm von Wandel und Umbruch geprägt,“ erklärt Festivalleiterin Sylke Gottlebe die Wahl des Motivs. „Wir hoffen, mit dem Blick auf etwa das aktuelle Filmschaffen in Kuba sowie die Tribute an das Kurzfilmwerk von Derek Jarman und Christian Borchert wichtige gesellschaftspolitische sowie künstlerische Impulse zu setzen.“

Schwerpunkt Kuba – Das Erbe der Revolution

60 Jahre nach der Revolution befindet sich Kuba politisch und kulturell im Spannungsfeld von Isolation und Öffnung. Im Angesicht des aktuellen Wandels in der kubanischen Politik, kämpft eine „Nouvelle Vague“ von Filmemacher*innen um Anerkennung und Sichtbarkeit. Das 31. Filmfest Dresden präsentiert aktuelle Kurzfilmwerke, die vom Wandel und Aufbruch
erstarrter Strukturen und Identitäten, von kultureller, politischer sowie sexueller Selbstbestimmung handeln. Demokratie- und menschenrechtspolitische Fragen stehen in ihrem Zentrum und werden in filmbegleitenden Gesprächsrunden mit anwesenden Filmemacher*innen sowie Expert*innen diskutiert. Auch der Blick zurück auf die revolutionäre Vergangenheit und die Erinnerungskultur des Inselstaates wird im Programm unter die Lupe genommen.

Präsentiert werden unter anderem Johann Lurfs experimentelle Studie CAPITAL CUBA (2015), die an verschiedenen Orten in der Bucht von Havanna die Beziehung zwischen dem Meer, der Stadt und ihren Bewohner*innen ergründet. Den Alltag der Kubaner*innen im Jahr 1963 dokumentiert die französische Filmemacherin und Fotografin Agnès Varda in ihrem Kurzfilm SALUT LES CUBAINS.

Diskurs EUROPA: Invektivität – Das Zeitalter der Wut

Einem weiteren gesellschaftlichen Phänomen, das einem ständigen Wandel unterliegt, widmet das 31. Filmfest Dresden das Sonderprogramm „Diskurs EUROPA: Invektivität – Das Zeitalter der Wut“. Gezeigt werden Filme, die Dynamiken und Konstellationen von Beleidigung, Beschämung, Herabsetzung und Diskriminierung thematisieren, um in begleitenden Diskussionsrunden ihr Manipulationspotential aufzudecken. In Kooperation mit dem Sonderforschungsprojekt der TU Dresden „Invektivität, Konstellationen und Dynamiken der Herabsetzung“ spürt das Filmfest Dresden der Frage nach der Leistung und Funktion des Films für die (demokratische) Gesellschaft nach.

Tribut: Derek Jarman - Kino der kleinen Gesten

Für einen Auf- und Umbruch steht auch der Brite Derek Jarman (1942-1994), einem der facettenreichsten und provokantesten Künstler des späten 20. Jahrhunderts. In seinem filmischen Werk entwickelte er mit Anleihen aus der Malerei und dem Theater eine poetische Formsprache, mittels der er seine (gesellschafts-)politischen Botschaften und Kampfansagen gegen Homophobie und die neoliberale Politik der Thatcher-Regierung transportierte. Bekannt wurde Jarman mit seinen Spielfilmen (THE TEMPEST, CARAVAGGIO, EDWARD II), die die schottische Schauspielerin Tilda Swinton zum internationalen Star machten und seinen Musikvideos (etwa für die „Pet Shop Boys“), er widmete sich aber auch dem Kurzfilm, den er als „Kino der kleinen Gesten“ verstand. Das 31. Filmfest Dresden präsentiert im 25-jährigen Todesjahr des Künstlers eine Auswahl dieser selten gezeigten Avantgarde- und Experimentalfilme, darunter z.B. SLOANE SQUARE: A ROOM OF ONE'S OWN (1974–76) und SEBASTIAN WRAP (1975).

Im Rahmen seiner Inklusionsinitiative („Kino ohne Barrieren“) zeigt das Filmfest Dresden außerdem Jarmans letzten Langfilm BLUE (1993), der in seiner experimentellen Beschäftigung mit der krankheitsbedingten Erblindung des Regisseurs für das Thema der Inklusion sensibilisiert.

Retrospektive: Christian Borchert

Dem gesellschaftlichen Umbruch in der deutsch-deutschen Geschichte vor 30 Jahren nähert sich das 31. Filmfest Dresden mit der Retrospektive über Christian Borchert (1942-2000) an, einem der bedeutenden Fotografen der DDR und der Nachwendezeit. In Dresden geboren und hauptsächlich in Berlin und seiner Heimatstadt tätig, nimmt er aufgrund seiner seriellen Arbeits- und Erzählform, seiner eigenwilligen archivarischen Praxis und seines quasi-archäologischen Umgangs mit visuellen Medien wie Film und Fernsehen eine herausragende, jedoch zu wenig beachtete Position in der deutschen Fotogeschichte des 20. Jahrhunderts ein. In Kooperation mit der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) sowie der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden wird zum Filmfest Dresden eine Auswahl von Borcherts filmischen Arbeiten präsentiert, kuratiert von Dr. Bertram Kaschek und Dr. Claus Löser.

Das Filmprogramm gibt einen Ausblick auf die Fotografie-Ausstellung „Christian Borchert – Tektonik der Erinnerung“, die ab 26. Oktober 2019 im Kupferstich-Kabinett (Residenzschloss, 3. Obergeschoss) der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden zu sehen sein wird.

Save the date: Pressekonferenz 31. FILMFEST DRESDEN am 5. März, 11 Uhr, Filmtheater Schauburg Dresden

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